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Merkblatt

zur Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Einsatz von Arbeitnehmern im Rahmen von Werk- und selbständigen Dienstverträgen sowie anderen Formen drittbezogenen Personaleinsatzes

Die Tätigkeit von Arbeitnehmern bei Dritten kann auf unterschiedlichen Vertragsbeziehungen wie
z.B. Arbeitnehmerüberlassungsverträgen, Werkverträgen, selbständigen Dienstverträgen, Dienstverschaffungsverträgen etc. beruhen. Für die Beurteilung sind grundsätzlich die zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Vereinbarungen entscheidend. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den (schriftlichen) Vereinbarungen der Beteiligten als auch aus der praktischen Durchführung der Verträge ergeben. Widersprechen sich schriftliche Vereinbarung und tatsächliche Durchführung des Vertrages, so kommt es auf die tatsächliche Durchführung an (vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG); Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15.06.1983 = Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1984, Seite 2912). Deshalb kann die Art der vertraglichen Beziehung nur aufgrund ihrer Durchführung festgestellt werden.


1. Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) Dritten (Entleihern) zur Arbeitsleistung überlässt, diese in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und dessen Weisungen unterliegen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG). Sie erschöpft sich also im bloßen Zurverfügungstellen geeigneter Arbeitskräfte, die der Dritte nach eigenen betrieblichen Erfordernissen in seinem Betrieb einsetzt.

Hinweise für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung liefern ab 01.04.2017 Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten: Arbeitgeber (Verleiher) und Dritter (Entleiher) sind bei der Vertragsgestaltung zur Überlassung von Arbeitnehmern gesetzlich dazu verpflichtet, den Gegenstand ihres Vertrags explizit und vorab als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen. Diese sog. Offenlegungspflicht gilt sowohl für den Verleiher als auch für den Entleiher (vgl. § 1 Abs.1 S. 5 AÜG). Die Vertragsparteien müssen zudem vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers konkretisieren (sog. Konkretisierungspflicht). Die Konkretisierung durch namentliche Benennung der zu überlassenden Person kann im Überlassungsvertrag oder unter Bezugnahme auf diesen Vertrag erfolgen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG). Erfüllen Verleiher und Entleiher in ihrem Vertragsverhältnis diese Pflichten nicht, hat dies u. a. Folgen für den Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers: der Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nichtig und es entsteht ein Arbeitsverhältnis mit dem Dritten (Entleiher). Diese gesetzliche Fiktion kann der Arbeitnehmer durch Ausübung seines Widerspruchsrechts beseitigen, in dem er eine form- und fristgerechte Festhaltenserklärung gegenüber seinem Arbeitgeber oder dem Dritten abgibt (vgl. §§ 9, 10 AÜG).

Ergänzend können dokumentierte Informationen des Arbeitgebers im Vertragsverhältnis zum Arbeitnehmer auf Arbeitnehmerüberlassung hinweisen: Dem Arbeitgeber (Verleiher) obliegt ab dem 01.04.2017 eine gesetzliche Informationspflicht gegenüber seinem Arbeitnehmer. Er muss diesen vor jeder Überlassung darüber informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird (§ 11 Abs. 2 S.4 AÜG).
 
2. Werkvertrag
Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (vgl. § 631 BGB). Geschuldet ist damit ein bestimmter Erfolg wie z.B. die erfolgreiche Reparatur einer Sache.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind grundsätzlich für einen Werkvertrag folgende Merkmale maßgebend:

• Vereinbarung und Erstellung eines konkret bestimmten Werkergebnisses bzw. Veränderung einer Sache;

• Eigenverantwortliche Organisation aller sich der Übernahmeverpflichtung ergebenden Handlungen durch den Werkunternehmer (unternehmerische Dispositionsfreiheit, auch in zeitlicher Hinsicht; keine Einflussnahme des Bestellers auf Anzahl und Qualifikation der am Werkvertrag beteiligten Arbeitnehmer; in der Regel eigene Arbeitsmittel);

• Weisungsrecht des Werkunternehmers gegenüber seinen im Betrieb des Bestellers tätigen Arbeitnehmern; keine Eingliederung in die Arbeitsabläufe oder in den Produktionsprozess des Bestellerbetriebes;

• Tragen des Unternehmerrisikos durch den Werkunternehmer, insbesondere Gewährleistung für Mängel des Werkes, Erlöschen der Zahlungspflicht des Bestellers bei zufälligem Untergang des Werkes;

• Ergebnisbezogene Vergütung, grundsätzlich keine Abrechnung nach Zeiteinheiten.

3. Selbständiger Dienstvertrag
Ein selbständiger Dienstvertrag liegt nur vor, wenn der dienstleistende Unternehmer die Dienste unter eigener Verantwortung ausführt (Organisation der Dienstleistung, zeitliche Disposition, Zahl der Erfüllungsgehilfen, Eignung der Erfüllungsgehilfen usw.). Das bedeutet insbesondere, dass die Erfüllungsgehilfen in Bezug auf die Ausführung der zu erbringenden Dienstleistung im wesentlichen frei von Weisungen seitens des Arbeitsgeberrepräsentanten des Drittbetriebes sind und ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können (Urteil des BSG vom 23.06.1982 = Soz. Recht 4100 § 13 Nr. 6).


4. Dienstverschaffungsvertrag
Ein Dienstverschaffungsvertrag ist dann gegeben, wenn ein Vertragspartner die Verpflichtung übernimmt, dem anderen Vertragspartner nicht eine Arbeitsleistung, sondern eine selbständige Dienstleistung eines Dritten zu verschaffen. Voraussetzung dafür ist, dass der Dritte in wirtschaftlicher und sozialer Selbständigkeit und Unabhängigkeit die Dienste leistet.

Hinsichtlich der konkreten Abgrenzung im Einzelfall unter Berücksichtigung der tatsächlichen Durchführung wird auf die Beratung durch Angehörige der rechtsberatenden Berufe sowie durch berufsständische Vereinigungen verwiesen.


 

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